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05.06.2023

Krankheiten, Epidemien und Hungersnöte

 Bis in das 19. Jahrhundert hinein wurde auch das Fuldaer Land immer wieder von Krankheitswellen, Seuchen und Epidemien heimgesucht. 

Mangelnde Hygiene vor Einführung von zentralisierter Wasserversorgung und Kanalisationen, ein noch nicht flächendeckend organisiertes und ausgebautes Gesundheitssystem und vor allem auch der hohe Anteil an Landwirtschaft begünstigte Krankheiten und deren Ausbreitung sowohl bei Mensch als auch Tier. Missernten, Kriege und Hungersnöte verschlimmerten die Lebenssituation weiter und förderten die Aus- und Verbreitung von Krankheiten.


Bekannte Krankheiten, Seuchen, Epidemien und Hungersnöte im Fuldaer Land


Zeitraum

Beschreibung

807

Große Pest im Streugrund (?)

873-874

Seuche im Fuldaer Land und in der Rhön

942

Seuche im Fuldaer Land und in der Rhön

989

Seuche im Fuldaer Land und in der Rhön

1002-1007

Seuche im Fuldaer Land und in der Rhön

1020

Seuche im Fuldaer Land und in der Rhön

1058-1061

Seuche im Fuldaer Land und in der Rhön

1089-1092

Seuche im Fuldaer Land und in der Rhön

1125

Seuche im Fuldaer Land und in der Rhön, besonders im Gau Tullifeld (Gegend um Kaltennordheim und Hilders)

1202

Seuche im Fuldaer Land und in der Rhön

1312

Seuche im Fuldaer Land und in der Rhön

1344

Seuche im Fuldaer Land und in der Rhön

1350

„Große Pest“ in Fulda

1356-1357

Hungersnot und Pest im Fuldaer Land

1364

Pest im Fuldaer Land. Nach Brower sollen in einer Stadt des Fuldaer Landes über 3000 Menschen getötet worden sein.

1438-1439

Hungersnot und Pest im Fuldaer Land

1482

Hungersnot und Pest im Fuldaer Land

1495-1497

Syphilis („mala franzosa“ = „Franzosenkrankheit“) im jetzigen Unterfranken mit Ausläufern in die Rhön

1502

Pest im Fuldaer Land

1529

Der „englische Schweiß“ wütet in ganz Deutschland, nach Brower und von Masch auch in Fulda.

1563

Pest in Unterfranken mit möglichen Ausläufern bis in die Rhön

1575

Pest in der Rhön. In Sondheim sterben 100 Menschen an ihr.

1590

Preissteigerungen (Getreidepreise doppelt so hoch wie noch 1578)

1591

Schwere Pestepidemie im Fuldaer Land

1597-1598

Pest im Fuldaer Land. Im September 1597 wurden die fürstliche Kanzlei und die Regierung wegen der Pest von Fulda nach Neuhof verlegt. Preissteigerungen (1597 Getreidepreise doppelt so hoch wie noch 1578)

1601

Pest im Fuldaer Land

1613

Pest im Fuldaer Land. Nach Gangolf Hartung sterben allein in Fulda (Stadt) ca. 400 Menschen. Die 1350 erstmals durchgeführte Pestwallfahrt zum Frauenberg wird angesichts der Toten wieder eingeführt

1617

Missernte infolge einer Welle von schweren Unwettern, darunter einem Hagelschauer am Montag nach Pfingsten in der Stadt Fulda

1624

Pest im Fuldaer Land, nach Gangolf Hartung sind v.a. Ober- und Unterbimbach stark getroffen.

1625

Pest im Fuldaer Land, nach Gangolf Hartung v.a. in Hünfeld und Umgegend, Michelsrombach, Kämmerzell. In der Stadt Fulda soll es auch einige Todesfälle gegeben haben, aber „nit viel“, sondern v.a. Kinder und alte Menschen

1626

Hungersnot infolge von kriegsbedingt gestiegenen Lebensmittelpreisen im Fuldaer Land.

1627

Pest im Fuldaer Land infolge durchziehender Soldaten. Nach Gangolf Hartung v.a. in Schlitz und den Dörfern nördlich von Fulda: Marbach, Margretenhaun, Steinhaus und weitere

1635-1637

Große Epidemie (möglicherweise Pest oder Flecktyphus) im Fuldaer Land infolge des 30-jährigen Krieges und durchziehender ausländischer Soldaten. Innerhalb eines halben Jahres sterben in Hilders 371, in Seiferts 157, in Thaiden 136 und in Simmershausen 105 Personen. In Helmershausen endet das kirchliche Sterberegister am 28. Oktober, es folgt der Vermerk, dass bis Jahresende 392 Personen an der Krankheit gestorben seien.

1712-1714

Letzte größere Pestepidemie in Deutschland. Hierbei soll die Rhön weitgehend verschont geblieben sein

1762

Flecktyphus-Epidemie in Fulda, im Anschluss an die 1761/62 durch die Stadt erfolgten Truppendurchzüge

1770-1771

Missernten in Deutschland, die in Folge einige lokale Seuchen verursachen.

1794

„Lazarettfieber“ in Fulda im Anschluss an Truppendurchzüge; in der Dom- und Stadtpfarrei starben hierei 368 Personen.

1794-1801

Mehrere Blattern- (Pocken-) und Ruhrepidemien in der Rhön und im Fuldaer Land.

1813-1814

Fleckfieber-Epidemie (Lazaretttyphus) infolge französischer Truppendurchzüge, v.a. in Fulda. Die Heerstraße von Erfurt nach Frankfurt soll mit Leichen gepflastert gewesen sein, das Fuldaer Residenzschloss, das als Lazarett diente, soll so überfüllt gewesen sein, dass die Leichen in Massengräbern bestattet wurden. In der Fuldaer Stadtpfarrei 1813/14 um die 700 Tote, in Geisa 193, in Tann 213, in Vacha 383, in Wüstensachsen 67

1817

Missernten mit erhöhter Sterblichkeit infolge einsetzender Epidemien (u.a. Dysenterie / Ruhr). In der Fuldaer Stadtpfarrei 228 Tote, in Geisa 60, in Tann 94, in Vacha 48, in Wüstensachsen 9.

1870

Pockenepidemie als Kriegsseuche im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71

1873

Letzter große Pockenepidemie in Deutschland

1879-1881

Typhusepidemie in Tann / Rhön


Literatur

Michael Bihl: "Die Pestsäule am Frauenberg bei Fulda". Fuldaer Geschichtsblätter 6 (1907). S. 17-24.

Fuldaer Geschichtsverein (Hrsg.): Geschichte der Stadt Fulda. Band 1: Von den Anfängen bis zum Ende des Alten Reiches. Fulda, 2009.

Wilhelm Artur Grau: Die Typhusepidemie in Tann a. d. Rhön in den Jahren 1879 bis 1881. Dissertation. Marburg / Lahn, 1884. (Link zum Digitalisat der HLB Fulda).

Wilhelm Helmer: "Die Pest im Hochstift Fulda". Fuldaer Geschichtsblätter 51 (1978). S. 25 ff.

Karl Friedrich Luebben: Beiträge zur Kenntniss der Rhön in medizinischer Hinsicht. Weimar, 1881. –– hierbei das Kapitel "Epidemien früherer Zeiten" mit vielen Statistiken! (Link zum Digitalisat der HLB Fulda).

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