Diesen Blog durchsuchen

05.06.2023

Armenunterstützung und Gesundheitswesen

 Das Armenwesen und die Gesundheitsfürsorge waren wichtige sozialpolitische Themen im 19. Jahrhundert, die durch die einsetzende Industrialisierung auch im Raum Fulda immer mehr an Bedeutung gewannen. Erst nach der Gründung des Deutschen Reiches 1871 nahm sich der Staat überhaupt dieser Problematik an - die Sozialversicherungen des Reichskanzlers Otto von Bismarck in den 1880er Jahren legten den Grundstein für den deutschen Sozialstaat.

Doch in der Zeit davor waren das Armenwesen und die Gesundheitsfürsorge weitgehend von der Gunst und der Unterstützung einzelner ehrenamtlich tätiger Personen und Institutionen abhängig gewesen. Viele dieser Institutionen hatten entweder einen kirchlichen Hintergrund oder wurden von bürgerlichen und gewerblichen Organisationen unterhalten. Die sozial schwachen Teile der Bevölkerung - verarmte, kranke oder behinderte Menschen - sollten zumindest teilweise sozial abgesichert werden.

Fulda kann auf eine rege Geschichte im Bereich der Armenfürsorge zurückblicken. Gerade zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden eine Reihe von "Armenkassen" eingerichtet, das Leih- und Pfandhaus, die Städtische Sparkasse und eine Suppenanstalt, die in der kurhessischen Zeit zu einer Armenspeiseanstalt ausgebaut wurde. In den 1830er Jahren übernahmen die Fuldaer Vinzentinerinnen das Heilig-Geist-Spital und das Fuldaer Waisenhaus unter der Trägerschaft der Stadt. Später erfolgte auch die Einrichtung einer "Kleinkinderbewahranstalt", einem der ersten Kindergärten der Stadt.

Einen Sonderfall stellt die Wohlfahrtspflege der jüdischen Bevölkerung Fuldas dar, die sich weitgehend eigenständig entwickelte (s. Eintrag am Ende).


Bestände im Fuldaer Stadtarchiv

Für den Zeitraum von 1843-1883 liegt mit dem Armen Deputationsregister ein Armenunterstützungsregister für die Stadt Fulda vor, das die berechtigten Empfänger von Sozialleistungen aus den Unterstützungskassen dokumentiert. Das Stadtarchiv Fulda hat das Namensverzeichnis dieses Registers fast vollständig in einer Datenbank erfasst (Stand August 2022: 2570 Einträge), die auf zwei Arten abgefragt werden kann:

a) Für eine gezielte Suche diesen Link verwenden. Alle Filter ausschalten, außer "BioDaten Armenunterstützung". Unter "Suchwort(e)" den gewünschten Familiennamen oder Suchbegriff eingeben.

b) Für eine Anzeige aller erfassten Datensätze diesen Link verwenden.

Die Datenbank zeigt nur an, welche Personen im Zeitraum 1843-1883 bezugsberechtigt waren. Für weitere Informationen zu einer gefundenen Person ist das Stadtarchiv zuständig.

Darüber hinaus ist das Stadtarchiv auch im Besitz zahlreicher Aktenbestände zur Wohlfahrts- und Gesundheitsfürsorge, die über die Bestandsdatenbank recherchiert werden können

(Hinweis: bei den nachfolgend verlinkten Beständen auf "Zugehörige Archivalien" klicken, um zu den einzelnen Dokumenten zu gelangen)

Im Historischen Archiv unter A 1.10 finden sich Bestände zu den Städtischen Einrichtungen, darunter der Sparkasse (1.10.1), der Vorschusskasse (1.10.2), des Leih- und Pfandhauses (1.10.10), der Zivildiener-, Witwen- und Waisenkasse (1.10.13), der Invalidenkasse (1.10.14) und der Offiziers-, Witwen- und Waisenkasse (1.10.14).

Unter A 1.13 finden sich Bestände zur Öffentlichen Sicherheit und Wohlfahrt: Zur öffentlichen Gesundheitsfürsorge (1.13.4) und der öffentlichen Fürsorge bei Unglücksfällen (1.13.5).

Unter A 1.14 sind die sehr umfangreichen Bestände zu Stiftungen, Armenpflege und den Krankenhäusern und den ihnen zugeordneten Einrichtungen zusammengefasst. 


Bestände im Hessischen Staatsarchiv Marburg

Eine ganze Reihe von Akten und Archivmaterial zum Sozialwesen in Fulda und im Umland liegt im Hessischen Staatsarchiv Marburg, und zwar für die kurhessische Zeit (1816-1867) unter den Signaturgruppen HStAM, 16 und HStAM, 100. Einige wenige Archivstücke sind auch digitalisiert und direkt einsehbar.

Eine allgemeine Übersicht über die Bestände des Wohlfahrtswesens (HStAM, 100, G), zur Armen-, Witwen- und Waisenfürsorge, zu Stipendien und zu Hospitälern findet sich hier.

Eine Übersicht zu Beständen der Zivilwitwen- und Waisenkasse zu Fulda (HStAM, 16, 9728 bis 9736) findet sich hier.

Bestände zum Landkrankenhaus der Provinz Fulda (HStAM, 16, 9936 ff.) finden sich hier.

Bestände zum Armenwesen in der Provinz Fulda (HStAM, 16, 10078 bis 10101) finden sich hier.

Bestände zu den Leihhäusern in Fulda (HStAM, 16, 10121 ff.) finden sich hier, zur Sparkasse (HStAM, 16, 10139) außerdem hier.


Jüdische Wohlfahrtspflege 1932/33

Das Landesgeschichtliche Informationssystem (LAGIS) stellt in seinem Modul Jüdische Wohlfahrtspflege 1932/33 eine Datenbank zur Verfügung, die eine nach Ländern, Provinzen und weiteren Einheiten geordnete Zusammenstellung von Angaben zur Organisation der jüdischen Gemeinden und ihrer wohlfahrtspflegerischen Arbeit enthält. Die Datenbank gibt damit einen blitzlichtartigen Einblick in das Sozialwesen der jüdischen Gemeinden vor dem Zweiten Weltkrieg. Hier geht es zur Datenbanksuche.


Weitere Literatur

Stadt Fulda (Hrsg.): Armen-Ordnung für den Bezirk der Stadt Fulda und Geschäfts-Anweisung für die Bezirksvorsteher und Armenpfleger der Stadt Fulda. Fulda, 1897. (Link zum Digitalisat der HLB Fulda).

Johann August Waldner: Die katholische Armen-, Beschäftigungs-, Erziehungs- und Rettungs-Anstalt zu Sannerz bei Schlüchtern in Kurhessen. Fulda, 1853. (Link zum Digitalisat der HLB Fulda).

Keine Kommentare: